| Gute Pflege | 2_2025 | 27 Macht es nicht auch angreifbar, die eigenen Gefühle so offen auszusprechen? Ja klar. Es besteht immer auch die Gefahr, verletzt zu werden. Es kann schon sein, dass die Konfliktperson auf dieses Friedensangebot nicht einsteigt. Rosenberg sagt aber, dass es unterm Strich doch besser ist, dieses Risiko einzugehen. Denn wenn ein Konflikt sich erst einmal festsetzt, verbraucht es weit mehr Energie diesen wieder aufzulösen. Dafür muss man ja zuerst einmal bereit sein, sich überhaupt mit der eigenen Gefühlswelt auseinanderzusetzen, also das auch benennen zu können. Ja, das stimmt. Aber auch wenn das nicht gelingen sollte: Es ist bereits viel damit gewonnen auch nur den ersten der vier Schritte umzusetzen. Also eine Beobachtung zu formulieren und dabei nicht zu bewerten. Das lässt sich recht leicht trainieren. Wenn wir jetzt den Bogen zum Pflegeberuf schlagen: Ich kann mir da persönlich viele Anwendungsfelder vorstellen. Innerhalb der Teams, in der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden, aber auch mit Angehörigen… Da können überall Konflikte lauern. Umso sinnvoller ist es, sich mit der Gewaltfreien Kommunikation zu beschäftigen. Rosenberg hat diese Art der Kommunikation auf der ganzen Welt angewendet. Sie erleichtert den Alltag und das ist umso wertvoller, desto anstrengender – psychisch wie physisch ein (Arbeits-)Alltag ohnehin schon ist. Da ist es doch schön, wenn nicht noch Konflikte zusätzlichen Stress bereiten. Sie sprachen gerade davon, dass Rosenberg die GFK weltweit angewandt hat – es gibt also auch ein Potenzial für die Verständigung unter Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen? Ja, es gibt sogar Berichte darüber, dass Rosenberg bei politischen beziehungsweise diplomatischen Verhandlungen beteiligt war. Wenn ich versuche, die andere Person wirklich in ihrem Verhalten zu verstehen, mit ihren Hintergründen, ihrem Wertesystem und ihrer Biografie, bedeutet das nicht, das Verhalten einfach so hinzunehmen. Aber es löst vieles in Verständnis auf und ändert die Haltung, mit der wir anderen begegnen. „ In der Regel wird unsere Haltung eben auch nachsichtiger, verständnisvoller, akzeptierender, wenn wir die Hintergründe einer Situation oder Emotion nachvollziehen können.“ Klaus Frommer-Eisenlohr
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