| Gute Pflege | 2_2025 | 33 Im Koalitionsvertrag wird versprochen, „die strukturellen langfristigen Herausforderungen mit einer großen Pflegereform“ anzugehen. Noch herrscht Zuversicht, aber die ersten Zeichen im Vorfeld der Konstituierung der Bund-Länder-AG deuten eher darauf hin, dass der Start in die Pflegereform verstolpert wird. Der erste Aufschlag der neuen Pflegeministerin Nina Warken ist jedenfalls schon mal ins Aus gegangen. Der in Aussicht gestellte Steuerzuschuss in Milliardenhöhe an die finanziell angeschlagene Pflegeversicherung ist zu einem 500 Mio. Euro Darlehen verkümmert. Was für ein Treppenwitz: Der Finanzminister schuldet den Versicherten rund 5,2 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen und meint, die Schuld mit einem kümmerlichen Darlehen begleichen zu können. Tragisch dabei ist die Rolle der Pflegeministerin, die in ihrem Ansinnen, die Pflegeversicherung finanziell zu stabilisieren, vom SPD-Finanzminister rüde düpiert wurde. Der zweite Aufschlag mit der Bund-LänderAG erscheint aber ebenfalls unglücklich. Die Pflegeversicherung soll laut Aussage des BMG „in Kur geschickt werden“. Die Branche ist sich sicher, dass die Pflege auf die Intensivstation gehört. Man kann gespannt sein, wie das in einer Kur-AG funktionieren soll, in der keine Praktiker, sondern ausschließlich Ministeriale und kommunale Spitzen an der Patientin herumdoktern. Man kann der Ministerin und ihrer Arbeitsgruppe nur wünschen, dass sie dem Anspruch mit einem kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmenmix den Herausforderungen zu begegnen, gerecht werden und über die eigene Legislaturperiode hinausdenken und Weichen stellen kann für eine tatsächlich große Pflegereform. Wie es gehen kann, zeigt die Initiative ProPflegereform mit einem fundierten Konzept, das gemeinsam mit Prof. Heinz Rothgang entwickelt wurde. Auf über 90 Seiten wird hier skizziert, wie Pflegeversicherung und Versorgungsstrukturen umfassend reformiert werden können – hin zu einer Pflegeversicherung mit begrenztem Eigenanteil, weg von der überholten Trennung in ambulant und stationär. Ziel ist ein System, das Pflege entlang individueller Bedarfe organisiert, nicht entlang institutioneller Grenzen. Die Vorschläge reichen von der Stärkung häuslicher Pflege über neue Leistungsmodelle bis hin zur finanziellen Neuordnung – alles auf wissenschaftlicher Basis und mit Modellrechnungen hinterlegt. Diese Blaupause liegt längst auf dem Tisch. Die Diskussion läuft seit Jahren – was fehlt, ist der politische Wille. Wenn der da ist, kann auch aus einem verstolperten Start noch etwas ganz Großes werden. Bernhard Schneider Jetzt nicht stolpern! — (E)InSicht Kommentar – (E)InSicht
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