Ausgabe 3/2025

| Gute Pflege | 3_2025 | 9 Elke, du hast lange Jahre den Geschäftsbereich Organisation und Prozesse verantwortet. Warum braucht es beides – Struktur, Prozesse und Mut zur Innovation? Elke Eckardt: Als Heimstiftung sind wir von der Größe her kein Unternehmen, das mit einem Startup vergleichbar wäre. Das kann den Fokus auf Innovation haben. Das verträgt dann auch die damit verbundene Verunsicherung und Instabilität. Für uns ist zunächst wichtig, dass wir für unsere Kernaufgabe, und das ist einfach die gute Pflege und Betreuung unserer Kunden, klare Strukturen haben und sicherstellen. Darüber hinaus, und hoffentlich auch als Inspiration für die Kernaufgabe, kommt die Innovation ins Spiel. Dann macht es Freude, dann darf man auch scheitern und wieder mit etwas Neuem anfangen, weil die Kernaufgabe gesichert ist. Und dann stellt sich die Frage, wie bekomme ich eine gelungene Innovation im gesamten Unternehmen umgesetzt, sodass sie ihre Wirksamkeit voll entfalten kann? Spätestens da sind wir wieder beim Thema Prozesse und Strukturen. Euch verbindet, dass es am Ende immer um diesen Kern geht, um die Qualität der Pflege und Betreuung. Ein ganz großes Thema dabei war in den vergangenen Jahren das Wohngruppenkonzept. Das hat die Pflege bei der EHS maßgeblich verändert und vorangebracht und ich habe es immer als ein Herzensprojekt von dir wahrgenommen, Bernhard. Bernhard Schneider: Ja, so kann man das sagen. Ich glaube, es entspringt aber auch meiner oder unserer Überzeugung, dass die Lebensqualität von Menschen ganz maßgeblich davon abhängt, wie selbstbestimmt sie leben können und wie viel Teilhabe und Eigenverantwortung sie erleben. Und so wie die Pflegeheime vorher organisiert waren, wurde in erster Linie Ordnungsrecht umgesetzt, mit einem geringen Anteil an Selbstbestimmung und Teilhabe. Das Wohngruppenkonzept war da ein Meilenstein. Es war die Idee, die Pflege radikal neu zu denken. Alle haben da mitgespielt – von der Konzeption bis hin zur baulichen Umsetzung. Und das ist beispielhaft. Es war ein 40-seitiges Konzept, an dem wir lange gearbeitet haben. Aber nur das Konzept zu haben und die Wohngruppenküchen einzubauen, reicht ja nicht, um die Haltung zu ändern. Und das ist, glaube ich, wirklich die größte Herausforderung gewesen. Daran arbeiten wir bis heute. Aber ich glaube, eine gute Grundlage ist gelegt und das hat die Heimstiftung so stark verändert wie kaum eine andere Vision in den letzten Jahren. Elke Eckardt: Damit verbunden haben wir auch die Teams der Alltagsbegleitung eingeführt, die es davor nicht gab und auch das war ganz wesentlich. Denn gute Pflege macht ein Bewohner daran fest, wie viel Betreuungszeit, wie viel Zeit er mit einem Menschen erlebt, und genau das haben wir verändert. Indem wir aus den dezentralen Bereichen wie der Küche und Wäscherei die Mitarbeitenden auf die Wohnbereiche geholt und dadurch größere Zeitanteile für gemeinsame Zeit mit den Menschen, die bei uns leben, geschaffen haben. Bernhard Schneider: Der ausschlaggebende Punkt war, als 2014 § 87b Betreuungskräfte eingeführt wurde. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als wir in der Regionaldirektorenkonferenz saßen und es plötzlich ganz still war. Ich habe viele ungläubig Blicke geerntet, als ich gesagt habe, wir nehmen das jetzt zum Anlass, endlich Alltagsbegleitungen einzuführen – mit zehn Stunden Präsenz jeden Tag. > > >

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