Ausgabe 3/2023

| Gute Pflege | 3_2023 | 9 Wenn sich jemand zu einem geplanten Moment nicht waschen lassen will – hat er oder sie auf diese Entscheidung nicht ein Recht?“. Nicht in allen Situationen fällt das Abwägen schwer: Kleidung, Essensauswahl, Frühstückszeiten. „Wichtig ist in erster Linie, Wünsche und Entscheidungen der Kundinnen und Kunden gut zu dokumentieren, insbesondere in sensiblen Bereichen, um diese auch Angehörigen gegenüber erläutern zu können. Kommunikation spielt eine große Rolle. Dass wir unser Handeln, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen, die bei uns leben, klar benennen können. Auch in Situationen, in denen die Angehörigen vielleicht persönlich anders entscheiden würden. „Ein ganz banales Beispiel und einen Satz, den wir häufig hören: Ich möchte aber, dass meine Mutter sich an dieser oder jener Aktivität beteiligt.“ Für Simone Fink ist die Antwort klar: „Den Gedanken dahinter kann ich nachvollziehen. Trotzdem auch hier: Die Entscheidung liegt einzig und allein bei der betroffenen Person selbst. Denn die Menschen, die uns anvertraut sind, leben in den Einrichtungen der Heimstiftung, es ist ihr zu Hause, in das wir kommen – ob im ambulanten oder stationären Bereich – und genau so wohl sollen sie sich auch fühlen.“ Herausforderung Selbstbestimmung „Gleichzeitig gibt es auch Grenzen“, sagt Stocker, und die sind, wo die Fürsorgepflicht beginnt. „Wird zum Beispiel eine abgesprochene und notwendige Medikamenteneinnahme verweigert, müssen wir natürlich sofort reagieren und mit den Ärzten oder gegebenenfalls den Angehörigen ins Gespräch gehen“, sagt Stocker. Aber auch hier gilt an erster Stelle der Wunsch der oder des Betroffenen, findet Simone Fink. „Es stellen sich immer wieder Einzelfallfragen, die uns abwägen lassen und vielleicht auch in einen inneren Konflikt bringen, weil wir für uns selbst anders entscheiden würden – trotzdem steht die freie Entscheidung aller Menschen an oberster Stelle. Selbst wenn das einen gesundheitlichen Nachteil bedeuten kann. Wir dürfen zu keiner Zeit über Menschen bestimmen – auch nicht bei Pflegebedarf“. Die eigene Meinung steht hinten an, Mitarbeitende sind in diesem Moment Dienstleistende, die bei der Umsetzung eigener Wünsche und Bedürfnisse unterstützen. Das ist nicht immer so einfach und selbstverständlich wie es scheint: etwa beim Thema Alkoholkonsum und Sucht. „Begleiten wir jemanden in den Raucherbereich, der diesen nicht mehr selbst erreicht?

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