Zwischenruf - Panik der Privaten

Von Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider

Man sollte meinen, dass die aktuellen Insolvenzmeldungen und finanziellen Probleme insbesondere bei privaten Pflegeheimketten dazu führen, das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen und Verantwortung für die Konsequenzen daraus zu übernehmen. Stattdessen jammern die Verbandsvertreter von BPA und AGVP über Personalschlüssel, Tariftreue, steigende Kosten, sinkende Belegung – und fordern Finanzhilfen vom Staat.

Soviel Frechheit ist kaum zu ertragen. Und sie zeigt die blanke Angst vor schwindenden Renditen. Wer jahrelang auf wenig und schlecht bezahltes Pflegepersonal setzt, um möglichst hohe Gewinne an Betreiber- und Investorenketten auszuschütten, braucht sich jetzt nicht zu wundern, wenn diese Profitstrategie nicht mehr funktioniert.

Es ist gut und richtig, dass mit dem Tariftreuegesetz und dem Personalbemessungssystem dem Wildwuchs bei der Personalausstattung und der Ausbeutung von Pflegekräften ein Ende gesetzt und endlich bundesweite Mindeststandards eingezogen werden. Mit ein wenig mehr Weitblick hätte manch privater Verbandsstratege diese Entwicklung absehen und früher reagieren können. Stattdessen wurden gemeinnützige Träger oft belächelt, wenn sie sich mit bescheidenen Renditen zufriedengeben, sich für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegende einsetzen oder zur Begrenzung der Eigenanteile den Sockel-Spitze-Tausch fordern.

Natürlich haben jetzt alle Pflegeunternehmen mit dem inflationsbedingten Kostendruck, der nachlaufenden Refinanzierung, dem Arbeitskräftemangel und dem Preisdruck auf ihre Kunden zu kämpfen. Viele Pflegeheime und Pflegedienste, auch in gemeinnütziger Trägerschaft, haben wirtschaftliche Schwierigkeiten und viele stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand. Wir alle müssen uns fragen, was die Pflegebranche in diese Situation gebracht hat, was wir selbst tun können und wie eine umsichtige Pflegepolitik dabei unterstützen kann. Lautstarke Schreckensszenarien und der Ruf nach staatlichen Finanzhilfen mögen zwar internationale Investoren und Eigentümer beeindrucken. Sie werden dem Ernst der Lage aber sicher nicht gerecht.