Zwischenruf: Pflegeversicherung ist kein Erbenschutzprogramm

In der Diskussion um steigende Pflegekosten und der dringend notwendigen, grundlegenden Pflegereform mischt sich Caritas-Präsidentin Eva-Maria Welskop-Deffaa ein. Sie findet, dass Pflegebedürftige ihr Vermögen für die Pflege aufbrauchen sollten – ansonsten drohe die Pflegeversicherung zu einem Erbenschutzprogramm zu werden. Dem widerspricht Bernhard Schneider, Haupt-geschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung mit einem Zwischenruf:

„Frau Welskop-Deffaa muss sich gut überlegen, welchen Hut sie aufhat und ob sie sich nicht lieber in der FDP-Parteizentrale bewerben möchte. Als Caritas-Chefin sollte sie doch die Interessen der Betroffenen vertreten und deutlich machen, in welche Konflikte pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen gestürzt werden, wenn sie mit den explodierenden Pflegekosten konfrontiert werden.

Muss der Caritas-Präsidentin tatsächlich der Wesenskern einer Sozialversicherung erklärt werden? Die Pflegeversicherung ist doch gerade dafür da, das Risiko Pflege solidarisch abzusichern, und zwar ohne Einbußen beim Lebensstandard. Welchen Sinn macht eine Pflegeversicherung, wenn die Pflegekosten doch in die Armut führen?

Wenn Frau Welskop-Deffaa die Pflegevollversicherung als Erbenschutzprogramm diskreditiert, dann müsste sie auch den Umbau der Krankenversicherung fordern. Denn die Hüftoperation oder die Behandlung nach einem Schlaganfall im Krankenhaus wird ja zum Glück „voll“ von der Krankenkasse bezahlt, ohne dass das Erbe eingesetzt werden muss.

Mir scheint, dass die Caritas-Präsidentin sehr weit weg ist von den Nöten und der Lebenswirklichkeit der alten Menschen. Denn sonst würde sie wissen, was ein Pflegeheim kostet und dass die durchschnittliche Rente selbst dann nicht ausreicht, wenn die Pflegeversicherung alle Pflegekosten übernehmen würde. Da bleibt immer noch ein erklecklicher Anteil, der aus Eigenmitteln, dem vermeintlichen „Erbe“ aufgebracht werden muss.

Man kann sicher drüber nachdenken, Pflegebedürftige zum Beispiel über einen gedeckelten Eigenanteil an den Pflegekosten zu beteiligen. Und man könnte auch Vorschläge machen, wie die Pflegevollversicherung zu finanzieren ist, beispielsweise durch den Sockel-Spitze Tausch und eine Pflichtversicherung des Sockels. In Kombination aus Beitragserhöhung, Bürgerversicherung sowie einem Steuerzuschuss des Bundes für versicherungsfremde Leistungen und einem längst fälligen Investitionszuschlag der Länder wäre diese große Sozialreform auch finanzierbar. Das jedoch pauschal als Erbenschutzprogramm zu diskreditieren, ist einigermaßen leichtfertig.“